Unbeschreiblich

Ich könnte einen Text über „Machtlosigkeit“ schreiben. Ich schaue an die Grenzen Europas und auf den Krieg, der ausgebrochen ist und weiss, dass ich nichts dagegen tun kann. Das die russische Kriegserklärung Zerstörung, Leid und Tod über die Ukraine bringen wird und das die Medien (zurecht) voll von Nachricht rund um diese Invasion sein werden. Diesem Thema wird man sich nicht verwehren können. Aber egal, wie sehr man aus der Ferne mitfühlt: man kann nichts direkt daran ändern. Keine Demonstration, an der man teilnimmt und kein Franken, den man spendet wird dazu führen, dass der Krieg von einer Sekunde auf die nächste Enden wird. Und wieder ist da diese Ohnmacht. Dieses Gefühl von „warten auf bessere Zeiten“ wie es zuletzt bei Corona der Fall war. Dieses Gefühl, dass viele wohl zurzeit haben werden und bei dem ich mir den emotionalen Ballast von der Seele schreiben kann: Das wäre ein Text, den es sich zu schreiben lohnt.


Dann sah ich eine Videobotschaft von einem ukrainischen Soldaten an seine Eltern.


Ich könnte einen Brief schreiben von jemandem, der sich gerade im Krieg befindet und seinen Lieben eine Nachricht zukommen lässt. In diesem könnte ich dem Leser aufzeigen, dass die Soldaten, die an der Front kämpfen, keine kriegslustigen Super-Soldaten sind, wie es uns die Hollywood-Filme glaubhaft machen wollen. Es sind Bäcker und Lehrer, Versicherungsvertreter und Automechaniker. Es sind Brüder und Schwestern, Onkel und Freunde, Cousins, Mütter und Väter. Es sind Menschen, die vor einigen Wochen noch ein normales Leben geführt haben und jetzt um Leben und Tod kämpfen müssen. Die, wenn sie Glück haben, mit einem Trauma aus dem Krieg zurück kommen, aber immerhin noch am Leben sein werden. Wenn es überhaupt ein zurück geben wird. In dem Brief könnte ich die menschliche Seite gut rüberbringen und dem Leser vielleicht eine Perspektive zeigen, wie es die Fernsehsendungen nicht können.


Und dann hat Putin seinen Verteidigungsminister angeordnet, die Abschreckungswaffen in erhöhte Alarmbereitschaft zu versetzen.


Ich könnte eine neutralere Sichtweise auf das ganze schildern. Einen Text schreiben über unsere Gesellschaft hier in der Schweiz. Über den Facebook-Kommentar, den ich letztens gelesen habe, bei dem sich jemand über die Friedensdemonstranten aufgeregt hat. „Als ob es Putin interessieren würde, dass ihr demonstriert. Geht arbeiten, ihr faulen Säcke!“. Oder die andere Meinung, welche ich letzte Woche mitbekommen habe. Das man „sowieso nichts an dem Leid anderer ändern kann, sondern nur an den Umgang, den man selbst mit dem Thema hat“ und dass man deswegen (aus Liebe sich selbst gegenüber) dies so akzeptieren soll, wie es ist. Beiden Einstellungen mangelt es meiner Ansicht nach stark an Empathie. Denn ich möchte in einer Gesellschaft leben, in der man sich gegenseitig hilft, wenn jemand darauf angewiesen ist und nicht einfach denkt: „Janu… nicht mein Problem.“. In dem Text könnte ich noch ein paar Ansichten zum aktuellen Kriegs geschehen ausformulieren, die mich in letzter Zeit beschäftigen. Weil es existieren aktuell Leute, die generell Hass auf Russen schieben, auch wenn diese absolut gegen Putins Kriegstreiben sind. Ich könnte einen Text über Empathie schreiben und der Situation im hier und damit den Fokus ein wenig Weg vom Live-Ticker von der Front nehmen.


Und dann habe ich diese Dokumentation von STRG_F gesehen


Nichts, was ich schreiben könnte, würde dem gerecht werden, was JETZT gerade in der Ukraine passiert. 

Das einzige, was jetzt zählt, ist es, diesen unzähligen Menschen Hilfe zu leisten, die unschuldig Opfer dieses Konflikts geworden sind. Darum mein Wunsch: spendet, geht demonstrieren, schreibt Kommentare, seid betroffen, fühlt mit, aber vor allem: zeigt, dass wir eine Gesellschaft sind, die nicht die Augen verschliesst. Das wir für einander da sind. Für nichts anderes ist jetzt Zeit…

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